Die Ereignisse überschlagen sich und ich komme kaum dazu, über alle Erlebnisse auf dieser Reise zu berichten. Es ist Samstag, der 29. Juni. Ich bin jetzt 29 Tage unterwegs und bisher war es nie langweilig. Vor allem die vergangenen Tage seit meinem letzten Beitrag hatten es in sich. Von der kleinen Bucht Drottningsvik, in der wir das erste Mal an einer Schäre festgemacht hatten, sind wir in den Industriehafen Oxelösund gefahren – hauptsächlich, weil wir unsere Vorräte auffüllen mussten. Das war eine krasse Erfahrung! Der Hafen und die Umgebung waren nicht nur nicht schön, es stand auch ein wahnsinniger Schwell an unserem Liegeplatz und dem schwimmenden Betonsteg, an dem wir lagen. Die ganze Nacht über ruckte es in die Festmacher und es knarschte und schaukelte mächtig. Welch ein Kontrast zu unseren idyllischen Bucht-Erlebnissen!
Bei der Überfahrt über den Braviken, einem breiten Einschnitt in die Schären und das Festland, an dessen Ende die Stadt Norrköping liegt, wähnten wir uns wieder mal im freien Wasser, als uns eine Südtonne jäh daran erinnerte, dass auch hier draussen noch Steine liegen, die wir besser umschiffen sollten.
Froh, den überhaupt nicht empfehlenswerten Hafen Oxelösund hinter uns lassen zu können, machten wir uns dann am Mittwoch noch einmal auf den Weg in einen Hafen: Das Örtchen Trosa müsse man sich unbedingt anschauen, diene es doch immer wieder als Kulisse für Inga-Lindström-Filme, hieß es im Törnführer. Allerdings konnte uns auch Trosa nicht überzeugen. Der Hafen war gut gefüllt, in der Hafenbar gab es Abends Livemusik vom Alleinunterhalter, der „das Singen besser weglassen sollte“ (O-Ton Sophia). Auch das Publikum hat sich verändert. Je näher wir an Stockholm herankommen, desto weniger herzlich sind die Kontakte mit anderen Seglern. Trosa selbst ist aber ganz nett und durchaus einen Spaziergang wert.






Und es gab in Trosa auch eine geöffnete Apotheke. So konnte ich endlich richtige Steristips für meinen Schnitt in den Finger kaufen. Danke übrigens für die vielen Nachfragen Eurerseits. Dem Finger geht es prima, die Wunde sieht sehr gut aus und in wenigen Tagen wird auch dieses Kapitel abgeschlossen sein.
Von Trosa aus hätten wir es in zwei Tagen bis hinein nach Stockholm schaffen können, aber ich habe mich dagegen entschieden. Denn zum einen will ich ja keinen Stress und zum anderen müssen wir die ganze Strecke ja auch zurück. Und das werden dann bei der vorherschenden Windrichtung Südwest eher Kreuzkurse gegenan. Daher unternahmen wir am Donnerstag nur einen kurzen Schlag in eine schöne Bucht, um dann am Freitag nach Södertälje zu fahren. Von dort sind es mit dem Zug nur 15 Minuten in die Stockholmer Innenstadt.
Die Bucht brachte noch einmal einiges an Aufregung, die Fahrt nach Södertälje auch. In der nördlichen Bucht der Insel Fifang machten wir wieder an einer Schäre fest, dieses Mal sogar längsseits. Am Abend stand Grillen auf der Schäre auf dem Programm…
Der Schärenfelsen in der Bucht war wie geschaffen für uns. Wir konnten direkt längsseits gehen und lagen mit dem Bug im Wind. Ordentlich abgefendert konnten wir direkt auf die Schäre übersteigen. Dort gab es auch einen kleinen Platz für ein Feuerchen.
Auf der Schäre gab es auch noch einen kleinen Anleger, an dem ein Häuschen mit einigen Torftoiletten und einem Müllraum lag.
Die Schweden tun echt eine Menge, um die Naturschutzgebiete für die vielen Wassertouristen nutzbar zu machen und sie trotzdem halbwegs sauber zu halten. Ob das funktioniert ist eine andere Frage: Ich habe hier noch nie ein Schiff an einer Absaugstation liegen sehen… Auch nicht an der mitten im Wasser im Naturschutzgebiet.




Der Abend in der kleinen Bucht auf Fifang wurde lang. Spät war es eigentlich in den vergangenen zwei Wochen immer, denn es bleibt einfach so verdammt lange hell hier oben. Auf Fifang jedoch beschlossen wir, noch etwas zu spielen. Das hatten wir bisher nicht gemacht und es war ja die letzte Chance… Spät, schon in der Nacht gab es ein ungewöhnliches Gerräusch an Deck. Mein Blick durchs kleine Fenster beim Herd fiel auf einen rot-braunen, buschigen Schwanz. Fuchs-Alarm! Mit lauten Rufen, konnten wir den Fuchs von Bord treiben, er streunte aber noch lange davor herum, offenbar sehr hungrig und durch unseren Grill-Müll angelockt. Wir haben dann sämtlichen Müll unten im Schiff verstaut und die Schotten dicht gemacht. Auf nochmaligen Fuchs-Besuch an Bord hatte niemand von uns Lust.

So viel Aufregung in der kurzen Nacht konnte doch eigentlich nicht getoppt werden. Aber weit gefehlt: Beim Segeln gen Norden zum Crew-Wechselpunkt Södertalje am nächsten Tag frischte der Wind innerhalb kürzester Zeit gehörig auf und wir entschieden uns, das Groß zu bergen und nur unter Vorsegel weiter zu fahren. Dafür wollten wir das Vorsegel zunächst bergen, aber das funktionierte nicht. Die Rollreffanlage hatte sich so verhakt, dass wir keine andere Chance hatten, als das Segel über das Fall runterzulassen. Sophia und Dietmar übernahmen, jeweils mit Lifebelt gesichert, den heiklen Job auf dem Vorschiff. Bis das endlich erledigt war war es sehr laut an Bord…
Heute nun haben wir das Segel wieder hochgezogen, nachdem wir die Furlex gestern geöffnet und die Reffleine wieder vernünftig aufgewickelt hatten. Also alles gut und vorbereitet für die neue Crew, die heute an Bord gekommen ist: Bernd und Ute, Segelfreunde aus der StSG. Ursi und Dietmar haben das Schiff gegen Mittag verlassen. Sie sind begeistert vom Reisen unter Segeln und der tollen Landschaft hier. Gut möglich, dass weitere Törns folgen.








Södertälje ist der nördlichste Punkt meiner Reise. 584 Seemeilen waren es bis hierher. Ab morgen geht es wieder südwärts und ich freue mich sehr, das Ute und Bernd mich die nächsten zwei Wochen begleiten.


























































































































